Einfluss von Pestiziden und Bienenkrankheiten auf Verhalten und Lebensdauer von Honigbienen im Schauvolk

Publikations-Art
Diplomarbeit
Autoren
RHEINSCHMIDT, A.
Erscheinungsjahr
2012
Herausgeber
ROSENKRANZ, P., ODEMER, R.
Abstract

Mit einem neuen Versuchsansatz wurden auf „colony-level“ Effekte einer gezielten Infektion von Jungbienen mit 60,000 Nosemasporen (N. ceranae) und der subletalen Kontamination mit einem Insektizid aus der Gruppe der Neonikotinoide (Thiacloprid; Applikation während der Aufzucht der Bienen) erfasst. Dabei wurden in vier Beobachtungsvölkern jeweils 120 gruppenweise markierte Bienen eingesetzt, die zuvor mit Nosemasporen und Thiacloprid - allein oder in Kombination - behandelt wurden. Über ca. vier Wochen wurden dann mehrere soziale Verhaltensweisen wie z. B. Putzen, Füttern, Trophallaxis und die Flugaktivitäten der behandelten Bienen (= 3 Versuchsgruppen) im Vergleich zu Kontrollbienen täglich erfasst und quantifiziert.  Stichproben der infizierten Bienen ergaben, dass die Nosemainfektion erfolgreich war und die Bienen im Laufe ihres Lebens einen Befall auf durchschnittlich über 5 Mio. Sporen aufbauten, während von den Kontrollbienen nur ein geringer Teil infiziert war und zwar mit signifikant geringeren Sporenzahlen.

Die Ergebnisse zeigen, dass weder im Sozialverhalten, noch bei der Flugaktivität messbare Effekte einer artifiziellen Nosemainfektion oder einer subletalen Kontamination mit Thiacloprid auftreten. Lediglich beim Bestand der Bienen über den Versuchszeitraum (als Maß für die Mortalität der Versuchsgruppe) gab es signifikante Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen, die jedoch zwischen den Versuchsvölkern nicht einheitlich waren. So gab es insgesamt keine einheitlich höhere Mortalität bei den Gruppen mit Nosema und/oder Thiacloprid. Diese Ergebnisse sind überraschend und widersprechen etlichen der aktuellen Veröffentlichungen - insbesondere aus Südspanien - bzgl. der Effekte von N. ceranae auf Bienenvölker und der synergistsichen Wirkungen von Neonikotinoiden und Nosemainfektionen. Meine Versuche bestätigen allerdings zahlreiche aktuelle Monitoringprojekte in mehreren EU-Staaten, die ebenfalls trotz Nosemainfektionen kaum klinische Symptome feststellten und auch keinen Zusammenhang zwischen der Infektion von N. ceranae und Kolonieverlusten nachwiesen, wie auch HARSCH (2010) erwähnte. Mit meinem Versuchsansatz wurde erstmals ein erfolgreicher Kompromiss zwischen den Bedingungen eines frei fliegenden Bienenvolkes (in dem kaum gezielte Untersuchungen möglich sind) und den bisher meist verwendeten Labor-Käfigtests (in dem weder Sozialverhalten noch Flugaktivitäten zu erfassen sind) durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die subletalen und synergistsichen Effekte von Bienenkrankheiten und Pflanzenschutzmittel auf der Ebene des Bienenvolkes (a) noch viel zu wenig untersucht sind und (b) die physiologischen Hintergründe bisher nicht verstanden sind. Offensichtlich werden etliche der bisher auf individueller Ebene (= Einzelbiene) nachgewiesenen Schadwirkungen auf der Ebene des Sozialstaates durch bisher nicht bekannte Mechanismen „abgepuffert“. Dies bedeutet, dass für eine abschließende Beurteilung von Nosemainfektionen (bzw. anderen Bienenkrankheiten) und subletalen Pflanzenschutzmitteleffekten grundsätzlich Versuche auf Bienenvolkebene durchgeführt werden sollten.

Dieser Versuch wurde im Rahmen des EU-Projektes „BEEDOC“ durchgeführt; solche Kooperationsprojekte bieten eine sehr gute Möglichkeit, parallel Versuche mit gleichen Methoden aber unter verschiedenen klimatischen Bedingungen und evtl. unterschiedlichen Kombinationen von Bienenkrankheiten und Pestiziden durchzuführen.

Beteiligte Einrichtungen

Projekte im Rahmen der Publikation